Emotion und Glaube im Nahostkonflikt
Seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 ist der Nahostkonflikt wieder da, mit voller Wucht und einer neuen Stufe der Grausamkeit – die Bilder und Videos sind jederzeit und unzensiert verfügbar.
Täglich erreichen uns neue Schreckensnachrichten und virale Posts auf allen Kanälen, die sich oft selbst mit großem Fachwissen nur schwer verifizieren, einordnen und kontextualisieren lassen.
Die öffentlichen Diskussionen, die sonst eine hilfreiche Orientierung bieten, sind zuletzt oft anklagend, polarisierend und ausschließend und lassen ausgerechnet bei diesem hochkomplexen und emotionalen Thema Komplexität und Feingefühl vermissen. Auch beim Austausch mit Betroffenen und ihren Verbündeten begegnet man selten differenzierten Positionen, aber regelmäßig der impliziten oder expliziten Erwartung einer eindeutigen Solidarisierung mit »der richtigen Seite«.
All das trägt dazu bei, dass wir uns oft überwältigt und machtlos fühlen – zu groß ist das Leid, zu komplex ist die Situation und zu aufgeladen scheint die Stimmung, um selbst etwas ausrichten zu können.
Im Seminar »Emotion und Glaube im Nahostkonflikt« können wir den Nahostkonflikt natürlich nicht lösen, und auch die genannten Spannungen werden sich leider nicht beseitigen lassen.Aber wir können versuchen, unserer gefühlten Machtlosigkeit etwas entgegenzusetzen, und zwar mit den folgenden drei Ansätzen:
Zunächst werden wir unser Wissen über die Situation, ihre Akteur*innen und ihre Hintergründe vergrößern. Wir werden uns damit beschäftigen, warum die Situation in der Region so religiös und politisch aufgeladen ist, und aus verschiedenen akademischen, politischen und theologischen Perspektiven auf sie blicken. Im Mittelpunkt steht dabei eine gesellschaftswissenschaftliche Analyse, insbesondere der religiösen und politischen (Gruppen-)Identitäten in der Region und ihrer Situationen. Wir werden aber auch (im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten) die Konzepte des Zionismus und des Postkolonialismus, der Sicherheitspolitik und des Völkerrechts betrachten.
Um mit den Diskursen und ihrer Emotionalisierung und Polarisierung besser umgehen zu können, werden wir uns aber auch mit medialen Wirkmechanismen in klassischen und sozialen Medien beschäftigen. Dadurch können Diskussionsbeiträge besser eingeordnet und analysiert sowie bessere eigene Beiträge zur Diskussion geleistet werden.
Abschließend werden wir Möglichkeiten für einen offenen, empathischen Umgang mit dem Thema und einen konstruktiven Dialog behandeln und Initiativen und Projekte kennenlernen, die mit verschiedenen Ansätzen den Grausamkeiten des Krieges einen Hoffnungsschimmer entgegensetzen.
Das Seminar wird methodengemischt sein – es wird Input, Gruppenarbeiten und Diskussionen geben, aber auch Workshop-Elemente. Außerdem werden externe Referent*innen für Impulsvorträge und Gespräche angefragt, die vor Ort oder im Rahmen einer Exkursion stattfinden werden.
Seminarleitung: Johannes C. Mieth
Anmeldestart und Anmeldeschluss: Wird im Intranet bekannt gegeben