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Veranstaltungsreihen

Pfingsttreffen

Das Pfingsttreffen gibt es schon fast so lange wie das Evangelische Studienwerk. Rund 150 Villigster*innen kommen für drei Tage zusammen, um gemeinsam zu diskutieren und zu feiern. Das Pfingsttreffen ist die wichtigste Veranstaltung zum generationenübergreifenden Austausch innerhalb des Evangelischen Studienwerks. Es bietet Altvilligster*innen die Möglichkeit, regelmäßig für drei Tage in das Leben des Evangelischen Studienwerkes zu tauchen. Stipendiat*innen nehmen die Gelegenheit wahr, Ehemalige kennenzulernen und dabei viel über die Geschichte des Evangelischen Studienwerks zu erfahren.

Eine große Gruppe von Menschen bildet im Freien die Zahl 75, das Bild ist in Schwarzweiß aufgenommen.
Teilnehmenden des Jubiläumspfingsttreffen bilden eine große 75.

Rückblicke auf die letzten Pfingstttreffen

Mission Bildungsgerechtigkeit

Beim diesjährigen Pfingsttreffen diskutierten rund 160 Teilnehmer*innen ein Wochenende lang über Bildungsgerechtigkeit und wie sie zu erreichen ist.

Mit dem Thema haben 5er Rat, Stipendiat*innenschaft und Geschäftsstelle ins Schwarze getroffen, weil es so viele Ansatzpunkte für mehr Bildungsgerechtigkeit gibt. Der in der Türkei geborene Dortmunder FH-Professor Dr. Ahmed Toprak skizzierte selbst erfahrene Ungerechtigkeit, die er als Arbeitersohn auf seinem akademischen Werdegang erleben musste und doch den Bildungsaufstieg geschafft hat. Er machte Menschen mit Migrationshintergrund Mut, bei ähnlichen Erfahrungen die eigenen Ziele weiterzuverfolgen. Kai Gehring, MdB (B90/Grüne), Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie Kuratoriumsmitglied des Ev. Studienwerks, warf den politischen Blick auf das Thema Bildungsgerechtigkeit und was insbesondere für Schulen in sozialen Brennpunkten und durch die BAFöG-Erhöhung vonseiten der Regierung dazu geplant ist. Auch an Hochschulen ist noch viel zu tun, insbesondere mit Blick auf Habitus und soziale Herkunft als Barrieren zum Bildungsaufstieg. Das berichtete Dr. Mirjam Merkel-Kiss von der FH Darmstadt. Damit mehr junge Menschen aus dem Kreis der Erstakademiker*innen und mit Zuwanderungsgeschichte den durch ein Stipendium begleiteten Weg durchs Studium gehen können, legt das Ev. Studienwerk, so Leiterin Friederike Faß, einen besonderen Fokus auf die Bewerbung junger Menschen aus dieser Zielgruppe.

Kritische Töne stimmte Silke Weiß, Leiterin der Lernkulturzeit Akademie in Lorsch, bei ihrer Vision zur Bildungsgerechtigkeit für eine Gesellschaft im Wandel an. Dabei hatte sie das deutsche Bildungssystem in seiner jetzigen Struktur mit Notenbewertung, Klassenverbünden und unterschiedlichen Schulformen in Blick. Im diskussionsfreudigen Fishbowl-Format lud sie die Villigster*innen ein, Schule neu zu denken.

Welche Erfahrungen Villigster*innen und Gäste mit Bildungsgerechtigkeit gemacht haben, wurde in sieben Erzählcafés zum Thema deutlich. Die Grundschullehrerin Stephanie Weichbrodt und die Altvilligsterin Prof. Dr. Andrea Goll-Kopka stellten ihre Sicht auf die Schulpraxis und familienorientierte Ansätze des Unterrichtens dar. Was Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu mehr Bildungsgerechtigkeit verhelfen kann, davon erzählten die Stipendiatin und Alumna der START-Stiftung Amira Al Zoubi, Kamil Basergan von Nachhilfeprojekt „Lernorte“ der Diakonie Düsseldorf und Christos Hilk, der mit Villigster Unterstützung zu Lehrkräften mit Migrationshintergrund in schulischen Leitungsfunktionen forscht.

Mehrere Schülerstipendienorganisationen helfen Schüler*innen, leichter den Weg zum Studium zu finden, teilweise mit Vorschlagsrecht für die Villigster Grundförderung. Wie sehr dadurch der Weg in die akademische Welt geebnet werden kann, berichteten Joelle-Marie Krautz vom NRW Talentzentrum und Yannick Folsche vom Aelius-Förderwerk, sowie von der Roland-Berger-Stiftung Alumnus und Villigst-Stipendiat Mark Kingsly und Sebastian Kesper, Regionalleiter des Ippen-Grundschülerstipendiums der Stiftung.

Dass Bildungsgerechtigkeit auch Ergebnis sehr subjektiver und subjektiv erlebter Barrieren sein kann, machten Dr. Araththy Logeswaran von der SWANS-Initiative, Stipendiat Gregor Hüniken als arbeiterkind.de-Alumnus und Celine Burke von ApplicAid, wo Bildungsaufsteiger*innen Stipendienberatung ermöglicht wird, deutlich. Soziale Herkunft und Habitus von Studierenden kann das Mithalten im Hochschulbildungsbetrieb erschweren, vor allem bei Studierenden, die ohnehin an deutschen Hochschulen unterrepräsentiert sind.

Was konkret an praktischen Ideen zu mehr Bildungsgerechtigkeit umgesetzt werden kann und sollte, das trugen die Villigster*innen an mehreren Ideentischen zu Politik, Schule / Hochschule, Kirche, Villigst, Wohnort, Arbeit und Digitaler Raum zusammen. Der umfangreiche Ideenspeicher mit vielen praktischen Ideen, dass beispielsweise Altvilligster*innen einen Villigst-Bildungspreis für Abiturient*innen an ihrer alten Schule stiften könnten, ist im Villigster Intranet unter »Pfingsttreffen« einsehbar. Das Thema Bildungsgerechtigkeit & Villigst und die Ideen des Pfingsttreffens werden von einem P-Pool des stipendiatischen Senats in den nächsten Monaten weitergeführt.

Das Pfingsttreffen, welches vom Vernetzungsressort der Geschäftsstelle, 5er Rat und Stipendiatenschaft organisiert und durchgeführt wird, bot eine breite Plattform für anregende Diskussionen in Workshops, beim Essen, im Park und auf der Treppe. Die gute Stimmung des Pfingsttreffens zeigte sich auch beim traditionellen Gottesdienst an Pfingstsonntag in der Villigster Kirche, erstmals mit dem neuen Werkspfarrer und Studienleiter Dr. Markus Hentschel, unterstützt vom Villigster Chor um den Hamburger Hauptkantor Tjark Pinne. Das stipendiatische Bühnenprogramm aus Poetry & Science Slam und Amerikanischer Versteigerung zeigten die Vielfalt der Villigster Kreativität. Und wie auch im Vorjahr verbreitete ein Bläserensemble um den Stipendiaten Tom Weiland beim Frühstück und bei der Andacht an Pfingstmontag mit Friederike Faß stimmungsvolles Kirchentagsflair.

Es wurde das besondere Pfingsttreffen im 75. Jubiläumsjahr, das sich alle gewünscht hatten. Inhaltlich stand das Jubiläumsmotto »Viele Gaben, ein Geist. Wissenschaft – Glaube – Gesellschaft « auch auf dem Pfingsttreffen im Mittelpunkt. Vor der Rekordkulisse von 270 Villigster*innen aller Altersstufen ging es zunächst um die besonderen Auswahlkriterien der Villigster Stipendiat*innen und welche Rolle künstliche Intelligenz zukünftig im Bewerbungsprozess spielt, den weitgefassten Villigster Begabungsbegriff sowie um die Verantwortung von exzellenter Forschung. Auf dem anschließenden Podium wurde die Wirkmächtigkeit der Villigster Wissenschaftsförderung für die Gesellschaft erörtert. Das Credo der Podiumsgäste war eindeutig: »Es lohnt sich eine wissenschaftliche Karriere ins Auge zu fassen. Auch wenn die Rahmenbedingungen oft nicht optimal erscheinen, bleibt die Forschung ein wichtiger und unverzichtbarer Antrieb von gesellschaftlicher Entwicklung. Den ersten Tag beschloss eine amerikanische Versteigerung von Villigster Erinnerungsstücken, die eine kleine vierstellige Summe für den stipendiatischen Solifonds einspielte. Am Pfingstsonntag begeisterten Pfarrer Lars Schulz (Liturgie) und Studienleiter Prof. Dr. Knut Berner (Predigt), musikalisch begleitet von einem Chor unter Leitung von Tjark Pinne, mit einem besonderen Pfingstgottesdienst im Zelt und beim Abendmahl auf der sonnigen Festwiese.Hauptprogrammpunkt des Samstages waren acht moderierte Erzählcafés zur Villigster Geschichte und Förderung. Besonders das Erzählcafé: »Wir sind ein Volk! Ost und West vereint im Studienwerk« weckte so großes Interesse, dass das Thema zukünftig in anderen Formaten weiterverfolgt werden soll. Im Vorfeld hatten sich die Stipendiat*innen einen Ball mit festlicher Garderobe gewünscht und so bat die Liveband »Dreamteam « am Sonntagabend ins Zelt zum Tanz bis tief in die Nacht. Der Pfingstmontag begann mit einer Andacht von Studienwerkspfarrer Wolfram Gauhl. Zum Abschluss des Pfingsttreffens erörterten Friederike Faß, Altgremianerin Benita Kawalla, Katharina Seibel von der Studienstiftung des deutschen Volkes, Prof. Dr. Volker Beck und Kuratoriumsmitglied Oliver Kaczmarek, MdB in einer Podiumsdiskussion die Veränderungen der Begabtenförderung in Deutschland, sowohl vor dem Hintergrund von Förderung beruflicher Ausbildung als auch in Hinblick auf die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung und die Bemühungen um ein Stiftungsgesetz. Es wurde diskutiert, welche gesellschaftlichen Aufgaben das Bildungsprogramm zukünftig weiterhin und zusätzlich übernehmen könnte, wenn es um Veranstaltungsorte, die Ausbildung zukunftsweisender Kompetenzen und um Positionierung gegen rechts geht. Einigkeit herrschte auf dem Podium darüber, dass es wichtig sei, Villigst als Ort zu bewahren, in dem Menschen wachsen und sich verbunden fühlen können, aus dem sie Stärke für ihr Engagement in der Welt ziehen.

Erstes Pfingsttreffen in Präsenz seit Coronabeginn
100 Villigster*innen diskutierten über die Pandemie und den Ukrainekrieg »Wir müssen reden!« – der Titel des ersten Präsenz-Pfingsttreffens seit 2019 war vom 5er Rat der Altvilligster*innen vom Fokus Coronavirus zu- sätzlich auf den Ukrainekrieg erweitert worden. Rund 100 Villigster*innen  aller Altersstufen – erstmals mehr aktuelle Stipendiat*innen als Alumni – diskutierten im Foyer, in Raum 8, auf dem Hof und auf der Treppe über die aktuellen Zeitläufte. Zu Beginn gab der Altvilligster und politische Philosoph Dr. Reinhard Olschanski eine Einschätzung zum Zeitphänomen des »Lebensgefühl Krise«, wie es sich seit Jahren als Aneinanderreihung und Überlappung gesellschaftlicher Krisen darstellt. Im zweiten Vortrag gelang es Prof. Dr. Guido Hausmann, Osteuropahistoriker der Uni Regensburg, die Hintergründe des Ukrainekriegs auszuleuchten.

Den Pfingstgottesdienst hielt Studienwerksleiterin und Prädikantin Friederike Faß, die Predigt zur protestantischen Friedensethik das 5er Rats-Mitglied und Journalistin Natascha Gillenberg. Anschließend boten sechs Erzählcafés – vier zu Corona und zwei zum Ukrainekrieg bzw. zur Friedensethik – Diskussionsforen mit Impulsen durch Referierende. Im Corona-Teil ging es  um die Hauptleidtragenden Kinder, Jugendliche und Patient*innen, um Studieren in der Coronazeit und die Darstellung der Pandemie in den Medien,  um das Verhalten von Kirche in den Coronajahren und um die Rolle der  Medizin und des Impfens im Kampf gegen das Virus.

Mehrere Poetry Slams von Stipendiat*innen sowie morgendliche Blechblasmusik und eine Andacht von Studienwerkspfarrer Wolfram Gauhl auf den Steinstufen vor Haus Villigst schufen zeitweilig Kirchentagsatmosphäre in Villigst.

Am Pfingstmontag gaben die bekannte Theologin und Buchautorin Christina Brudereck und der Berliner Diakonie-Sozialwissenschaftler Daniel Hörsch spirituelle und empirische Hoffnungszeichen für eine Stärkung der Resilienz in dieser Zeit.

Droht der »Kitt« zu verschwinden, der unsere Gesellschaft zusammenhält? Welche Institutionen und Personen können für den inneren Zusammenhalt in Deutschland und Europa eine »Klebewirkung« entfalten? Probleme wie Angst vor sozialem Abstieg, Stadt- / Landflucht, mögliche Versäumnisse bei der Wiedervereinigung und die Sinnkrise einer nicht ökologisch ausgerichteten Wirtschaft lassen Fliehkräfte deutlich werden. Angesichts der Zunahme nationalistischer und populistischer Strömungen, des weltweiten Klimawandels und der Herausforderungen an die Integration vieler Geflüchteter wird augenfällig, dass demokratischer Konsens immer wieder neu errungen werden muss.

Beim Pfingsttreffen galt es, eine Bestandsaufnahme zu wagen und über Wege ins Gespräch kommen, wie das unsichtbare Netz einer offenen, demokratischen, pluralistischen und solidarischen Gesellschaft gestärkt werden kann.

Das Thema war das des 2020 ausgefallenen Treffens.

Beim diesjährigen Pfingsttreffen diskutierten rund 130 Teilnehmer*innen ein Wochenende lang über die gesellschaftlichen Folgen des digitalen Wandels.Die rasante technologische Entwicklung der Digitalisierung hat längst alle Lebensbereiche erfasst und verändert sie grundlegend. Das Pfingsttreffen, von Geschäftsstelle, 5er Rat und Stipendiatenschaft organisiert und durchgeführt, lud mit Vorträgen und Erzählcafés zu intensiven und mitunter kontroversen Diskussionen ein. Dr. Thomas Schickinger von Google gab einen Einblick in die Welt von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz. Der Unternehmer und »ZukunftsMacher« Jörg Heynkes warf in seiner Vision der digitalen Gesellschaft einen Blick in eine mögliche Zukunft. Der Kulturanthropologe und eh. Studienwerksleiter Prof. Dr. Manfred Faßler skizzierte den historischen Weg von Zeichensystemen bis hin zu digitalen Datenkörpern, die wir als digitale Nutzer Internetkonzernen zur Verfügung stellen. Die durchaus streitbaren Thesen und Impulse führten bei Villigster*innen aller Generationen wie gewohnt zu lebhaftem Austausch im Plenum, im Foyer und auf der Treppe. Dazu trugen auch die Erzählcafés bei, in denen Referierende, darunter viele Altvilligster*innen, von ihren Erfahrungen berichteten. Themenfelder waren Digitale Souveränität und Datenschutz, Transhumanismus und Maschinenlernen, Digitale Medienzukunft und Onlinejournalismus, »Digitales Klassenzimmer« in Schulen, Glauben und Kirche in der digitalen Welt, Autonomes Fahren und die Autoindustrie, Digitalisierung der Arbeit und ethische Fragen, Digitale Bildung der Bürger und Demokratie sowie ein Praxisworkshop zum angewandten Datenschutz.

In einer abschließenden Fishbowl-Runde diskutierten die Villigster*innen, moderiert von Altvilligsterin Natascha Gillenberg, Vorschläge von zwei Referenten, warum und wie der digitale Wandel mitgestaltet werden kann. Ein Pfingstgottesdienst in der ev. Kirche von Villigst, ein abendlicher Poetry Slam, bei dem sieben Stipendiat*innen ihre Sicht auf die »schöne, neue Welt« zum Besten gaben, Live-Musik des Altvilligsters Paul Rittel und viele Gespräche bis in die frühen Morgenstunden bildeten den Villigster Rahmen für ein erneut lebendiges Pfingsttreffen.

Eine Podiumsdiskussion mit fünf Personen in einem großen Zelt, das Publikum hört aufmerksam zu.
Podiumsdiskussion auf dem Pfingsttreffen 2023 zum Thema wissenschaftliche Exzellenz