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Geistliche Impulse

Fastenimpulse

Schwarz-Weiß-Foto einer älteren Frau mit kurzen grauen Haaren, die ein kariertes Hemd und eine gesteppte Weste trägt. Im Hintergrund ist ein unscharfes Gebäude zu sehen.

»Villigst bedeutet für mich lebenslange Freundschaften, die Wertschätzung handwerklicher Arbeit, die Akzeptanz der unterschiedlichen Begabungen und die Verantwortung
Gesellschaft aktiv mitzugestalten.«

Fastenimpulse

Während der Fastenzeit veröffentlichen Villigster*innen an dieser Stelle wöchentlich Impulse.

2. Fastenimpuls: Seufzen

Manchmal kommt so ziemlich alles auf einmal. In der letzten Woche habe ich eine Frau beerdigen müssen, die vollkommen überraschend an einer verschleppten Frühjahrserkältung starb. Zwei noch ziemlich junge Kinder und eine unendlich traurige Familie bleiben zurück. Wie konnte das passieren? Seufzen. Ohne Worte.

In Beratungsgesprächen höre ich oft Schweres. Mutlosigkeit, Einsamkeit, Krankheit. Kaum mehr die Kraft, weiterzuarbeiten, kaum mehr die Kraft, weiterzuleben. Eine Krise jagt die nächste – persönlich wie global. Ist denn da keine Hilfe? Seufzen. Ohne Worte.

Manchmal fehlen mir einfach die Worte. Manchmal erdrückt mich das Leid, die Hilflosigkeit und ich habe kaum etwas dagegen zu stellen. Wenn ich stabil stehe, dann ist dies immer ein Moment, in dem ich bete. Einmal kurz Gott klage, was ich an Schlimmem, Leidvollen gehört und erfahren habe. Fürbitte halte, für mich, für andere, für die Schöpfung.

Aber da sind eben auch die anderen Momente. Die, in denen das einfach nicht mehr geht. Weil die Not gerade so groß wird, dass ich keine Worte mehr dafür habe. Seufzen. Ohne Worte.

Von diesen Momenten, in denen die Angst, die Traurigkeit, die Einsamkeit, die Panik dabei ist, die Überhand zu gewinnen und in der ich keine Sprache mehr für das habe, was mich bewegt, davon erzählt die zweite Fastenwoche.

Seufzen. Seufzen, das heißt geräuschvoll ausatmen. Stöhnen. Luft ablassen und rauslassen, was mich bedrückt. Ohne Worte, nur in einem Geräusch. Seufzen. Das mache ich in schweren Momenten, wenn mir die Worte fehlen. Seufzen. Das tut gut. Es gibt mir die Chance, das, was sich in mir angesammelt hat, rauszulassen, wenn es gut läuft, damit sogar loszulassen.

Das sind oft Momente, wo ich nicht zu beten weiß. Einfach keine Worte dafür finde. Weil ich Angst habe, oder wütend bin auf Gott, oder zu zweifelnd, zu enttäuscht.

Keine Panik. Sagt der Vers der zweiten Fastenwoche. Keine Panik, du bist echt nicht die erste und schon mal gar nicht die einzige, der es so geht. Es gibt Momente, da sind die Worte vorbei. Da ist nur Seufzen. Da ist nur Seufzen – und zwar noch nicht mal mehr dein eigenes, es ist das des Heiligen Geistes. Für uns. Gottes Geistkraft übernimmt. Fühlt, was wir fühlen. Ist da, ist nah in all dem Elend, der Angst, der Mutlosigkeit und Panik. An unserer Seite. Erlebt mit, was wir erleben und ist da. Seufzen. Ohne Worte.

Das ist es, was die Geistkraft dann nämlich tut. Sie seufzt. Sie liegt Gott in den Ohren mit unseren Anliegen. Auch wenn keine Worte mehr da sind, wenn etwas unaussprechlich wird, dann tritt die Geistkraft für uns ein. Seufzt. Atmet mit uns hörbar aus und lässt all das Schwere darin anklingen und bringt es vor Gott. Sie ist in der Lage, die Hoffnung zu spüren, die ich vielleicht aus dem Blick zu verlieren drohe. Sie ist in der Lage zu seufzen und Gott damit in den Ohren zu liegen, wenn ich es nicht mehr kann. Keine Panik, sagt sie. Es ist nicht vorbei. Gott ist da. Die Hoffnung trägt.

Daran will ich mich festhalten. Einatmen und geräuschvoll ausatmen und loslassen. Abgeben. Gottes Geist ist da und trägt.

Friederike Faß

1. Fastenimpuls: Fenster auf!

Luft holen ist gar nicht so einfach. Bis vor einer Woche habe ich mich in der Uni sehr intensiv damit beschäftigt. Muskeln des Oberkörpers heben die Rippen an. Dadurch entsteht ein Unterdruck im Bereich zwischen Brustkorb und Lunge. Dieser Unterdruck sorgt zeitgleich dafür, dass sich die Lunge ausdehnt, wodurch der Luftdruck in der Lunge sinkt. Dieser Druckunterschied zwischen innen und außen wird ausgeglichen, indem Luft in die Lunge strömt. Erst wenig, dann immer mehr, bis es wieder weniger wird und zum Erliegen kommt. Der Sauerstoff kommt aber nicht direkt bis in die Lungenbläschen, denn die sind ja noch mit ein bisschen Luft gefüllt. Die frisch eingeatmete Luft vermischt sich mit der in der Lunge zurückgebliebenem, damit der Sauerstoff in die Lungenbläschen und in das Blut gelangen kann.

Das ist Atmen. Das, und ein paar andere Prozesse halten uns lebendig.

In der Bibel wird auch vom Atem, dem Lebensatem, gesprochen:
»Da formte Gott, der Herr, aus Staub vom Erdboden den Menschen und blies ihm den Lebensatem in die Nase. So wurde der Mensch zu einem lebenden Wesen.« (Genesis 2,7 NGÜ)

Gott hat uns den Atem geschenkt, das, was uns lebendig macht. Dieser Atem ist nicht bloßes atmen, Erzeugen von Druckunterschieden im Brustkorb. Lebendig sein ist mehr, als gut mit Sauerstoff versorgt zu sein, zu atmen.

Lebendig sein ist ein Zustand. Mehr als ein Gefühl. Lebendig sein, bedeutet, wach und aktiv zu sein, verbunden mit der Umgebung, erfüllt mit Sinn, bewusst, fröhlich, konzentriert, bewusst, dass Gott bei mir ist.

Wenn ich in einem System einfach nur funktionieren muss, überwältigt von Aufgaben bin, die ich nicht lösen kann, nichts tun kann, um die Situation zu ändern, Hoffnungs- und Mutlosigkeit alles verdunkelt und ich keine Energie mehr habe, dann bin ich nicht lebendig.

Lebendig bin ich, wenn ich mich über etwas begeistern kann. Sachen mache, die ich gerne mag, Natur genieße, Zeit mit lieben Menschen verbringe, Ideen verwirkliche, Hoffnungen sich erfüllen.

Wie viel Zeit in meinem Leben bin ich lebendig? Fühle mich und bin lebendig? Gar nicht so viel.
Vielleicht wäre es schöner, wenn es öfter so wäre.
Ich glaube, das ist es, was ich mir für die nächste Woche vornehme. Ich will das Fenster aufmachen, herausschauen, und suchen, was mich lebendig macht.

Amen.

Von der Grundstipendiatin Leona