A 2 / Lebenswelten junger amerikanischer Christ*innen
Man hört und liest in Deutschland derzeit viel von ihnen: junge amerikanische Christ*innen, die den Spagat schaffen müssen zwischen einem Leben in der modernen Welt und den konservativen, traditionellen Werten, die in ihrer Glaubensgemeinschaft gelebt werden. Was bewegt diese Menschen? Wie stellen sie selbst ihre Lebenswelt(en) dar? Berichte, die den Weg nach Deutschland finden, sind möglicherweise nur ein Teil der komplexen Wahrheit. Ebenfalls stellt sich die Frage, welche Einflüsse es auf die Entwicklung hat, in einem hochreligiösen – und damit vielleicht eher restriktiven – Kontext aufzuwachsen. Ist es möglich, auch innerhalb des eigenen Glaubenssystems zu »wachsen«? Und was ist, wenn die Glaubenssätze, mit denen man aufgewachsen ist, mit der Zeit nicht mehr passend erscheinen? Dem Thema Dekonversion, also der Abkehr vom Glauben, soll in diesem Kontext genauso Aufmerksamkeit geschenkt werden wie der Frage, warum eine (mehr oder weniger streng) religiöse Gemeinschaft attraktiv sein kann für junge Menschen und welche positiven Effekte hier zu beobachten sind. Interessant ist auch die Frage, wie sich die gelebten Realitäten in Deutschland und den USA unterscheiden. Die religiösen Landschaften in den zwei Ländern sind sehr unterschiedlich und entsprechend kann es etwas ganz anderes bedeuten, in den USA sich beispielsweise zum Atheismus zu bekennen, als das in Deutschland der Fall ist. Das deutsch-amerikanische Forschungsprojekt »Religiöse Entwicklung über die Lebensspanne« der Universitäten in Bielefeld und Chattanooga, TN, widmet sich diesen und anderen Fragen seit über 20 Jahren. Hauptinstrument ist hier das Faith Development Interview, ein Interviewleitfaden, der mit seinen 25 Fragen dazu einlädt, ausführlich über wortwörtlich Gott und die Welt nachzudenken, aber auch über das eigene Leben, Beziehungen und Moralvorstellungen. Über die Jahre entstand hier eine große Sammlung an spannenden Lebensgeschichten (zum Teil im Längsschnitt mit bis zu vier Interviews von einer Person), von denen einige als Fallstudien den Teilnehmenden zur Verfügung gestellt werden.
Der methodische Fokus liegt auf der qualitativen Analyse des Interviewmaterials, unser fachlicher Hintergrund ist divers mit einem Schwerpunkt auf Entwicklungs- und Sozialpsychologie, aber auch Elementen aus der Linguistik und Theologie.
Das Seminar möchte den oben skizzierten Fragen in einem bilingualen Setting nachgehen. Die Teilnehmenden können von den unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen der deutschen und amerikanischen Lehrpersonen profitieren und so tiefgehende Einblicke in dieses interessante Themenfeld erlangen. Unterrichtssprachen (und die vorbereitende Lektüre) werden demnach Englisch und Deutsch sein, wobei es immer die Gelegenheit geben wird, Nachfragen auch auf Deutsch zu stellen.
Seminarleitung: Dr. Ramona Bullik, William Andrews
Anmeldung erfolgt über das Intranet