Gedanken zum Monatsspruch

»Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.« (Jak 1,22)

Logisch, könnte man sagen.

Ist doch logisch, dass wir nicht nur Gottes Wort hören, sondern auch versuchen sollen ihm in unserem Tun zu entsprechen – oder nicht?

Nachfolge heißt ja nicht erst seit Bonhoeffer: Hören und Tun!

Jakobus, der Bruder von Jesus - oder wer auch immer diesen Brief in seinem Namen geschrieben hat - ist der Meinung, dass dies den Leser*- und Hörer*innen seines Briefes deutlich eingeschärft werden muss: »19 Ihr sollt wissen, meine Lieben: Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn. 20 Denn des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist. 21 Darum legt ab alle Unsauberkeit und alle Bosheit und nehmt das Wort an mit Sanftmut, das in euch gepflanzt ist und Kraft hat, eure Seelen selig zu machen. 22 Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.«

Selbstbetrug sollte nach des Autors Ansicht nicht gefördert werden - im Gegenteil: »25 Wer aber sich vertieft in das vollkommene Gesetz der Freiheit und dabei beharrt und ist nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter, der wird selig sein in seinem Tun.«

Adolf Schlatter, ein eigenständiger Kopf unter den Theologieprofessoren seiner Zeit, formulierte in seinem Kommentar „Der Brief des Jakobus« vor etwa neunzig Jahren zur Stelle unseres Monatsspruchs in seiner heute etwas umständlich anmutenden Diktion folgendermaßen:

»Auch Jakobus spricht mit der ganzen Schrift: glaube nur. Denn wo Gottes Wort ist, da ist die Errettung der Seele ins ewige Leben; das Wort wird aber durch Glauben erfasst. Wir sind aber noch nicht die rechten Hörer, wenn wir bloss Hörer sind. Erst der Täter gibt dem Wort, was ihm gebührt, V. 22. (…)

Er heisst es einen Selbstbetrug, wenn wir uns gefallen in unserem Hören und uns deswegen fromm dünken und doch das Wort nicht tun. So hat uns auch Jesus diesen Selbstbetrug dargestellt im Bilde jenes Toren, der ein Haus zu haben meinte, während es ihm doch in der Wasserflut zusammenbrach, weil er es auf Sand gesetzt hatte, Mat. 7, 26. Das Wort, das wir hören, ist freilich für uns die grösste Gabe; es ist von Gott, ist Wahrheit, ist Leben. Allein das alles haben wir nur dann, wenn wir ihm mit redlichem Gehorsam untertan werden. Sonst macht uns das Wort schuldig und wird gegen uns zur Anklage, weil wir’s gekannt und ihm doch widerstrebt und es verachtet haben. Würden wir es ehren und glauben und lieben, dann täten wir’s.«

Soweit Schlatter. Und wir? Wir würden es doch jedenfalls versuchen – oder nicht?

Na also, dann …

Bleibt/bleiben Sie gesund und Gott befohlen.

Ihr/Euer Wolfram Gauhl



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