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An der Otto-Friedrich-Universität Bamberg fand jetzt gemeinsam mit der Justus-Maximilians-Universität Würzburg eine Informationsveranstaltung zum interuniversitären Promotionsschwerpunkt »Resilienzfaktoren in der Schmerzverarbeitung« statt, der vom Evangelischen Studienwerk e.V. Villigst ausgeschrieben und mit aktuell zwölf Stipendien gefördert wird.

Pressemitteilung [PDF]

EKD-Ratsvorsitzender Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm zum Promotionsschwerpunkt des Evangelischen Studienwerks »Resilienzfaktoren in der Schmerzverarbeitung«

Schwerte-Villigst. Bereits 2016 starteten die ersten Studierenden ihr Promotionsprojekt im Rahmen des Schwerpunkts. Sie werden dafür mit Stipendien des Evangelischen Studienwerks, dem Begabtenförderungswerk der evangelischen Landeskirchen, gefördert. Die thematische Bandbreite der mittlerweile zwölf Projekte reicht von »Wirkung von Optimismus als Resilienzfaktor« über »Ist der Schlaf der Hüter der Schmerzhemmung?« und »Morphologoische und funktionelle Besonderheiten des ZNS bei reslienten und schwer betroffenen PatientInnen mit Fibromyalgiesyndrom« bis hin zu »Passivität und Resilienz – Konzeptionen der Resilienz bei Martin Luther und ihre Bedeutung für ein theologisches Verständnis von Resilienz«. Das interdisziplinäre Betreuungsteam besteht aus Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern der Universitäten Bamberg und Würzburg sowie der Studienleitung des Evangelischen Studienwerks.

Bei der Veranstaltung in Bamberg betrachteten Vorträge den Schmerz aus medizinischer, psychologischer und theologischer Sicht unter anderem zu »Placebo und Nocebo-Effekte – Dr. Jekyll und Mr. Hyde in der Schmerztherapie« oder »Sinnloser Sinn. Religiöse Deutung und medizinische Erklärung von Krankheit und Schmerz«. Außerdem stellten vier Stipendiatinnen und Stipendiaten ihre Doktorarbeiten vor, die sie im Promotionsschwerpunkt schreiben. Ihren Arbeiten liegt die Frage zugrunde, ob es Faktoren gibt, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken und die Entstehung von Schmerzerkrankungen verhindern. Mögliche positive Faktoren könnten genügend Schlaf oder Optimismus sein. Auch eine religiöse Deutung des eigenen Lebens kann zu einem veränderten Umgang mit Schmerz beitragen.

EKD-Ratsvorsitzender Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, selbst ehemaliger Villigster Stipendiat, gab Denkanstöße zum Thema aus christlicher Perspektive: »Dass die
Universitäten Bamberg und Würzburg in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Studienwerk gemeinsam und interdisziplinär den Schmerz erforschen, davon habe ich mich überzeugen können, ist eine hervorragende Sache, die von den Rednern, wie etwa dem Nestor des Projekts, dem Bamberger Psychologieprofessor Stefan Lautenbacher, und dem Würzburger Uni-Präsidenten Prof. Dr. Alfred Forchel, nachdrücklich gewürdigt wurde. Die Klinikseelorger*innen in unserer Kirche arbeiten täglich mit den Medizinern zusammen. Medizinische Schmerztherapie ist ebenso wichtig wie eine ganzheitliche – und das heißt eben auch geistliche – Begleitung. Ich wüsste nicht, was mehr Trost und Kraft bei der Schmerzbewältigung geben könnte als das Gefühl, im finstern Tal von einem Gott begleitet zu werden, der in dem Menschen Jesus selbst die tiefsten Abgründe menschlichen Leides erfahren hat.«

Promotionsschwerpunkte wie dieser sind eine Besonderheit der Villigster Promotionsförderung – im Unterschied zu den anderen zwölf Begabtenförderungswerken. Sie ermöglichen es, ein Thema aus der Perspektive verschiedener Fächer bearbeitet wird. Im Schwerpunkt »Resilienzfaktoren in der Schmerzverarbeitung« wird mit psychologischen, biomedizinischen und theologischen Promotionsprojekten zu den Themen Schmerz und Resilienz gearbeitet. In seiner Förderung ist es für das Evangelische Studienwerk wichtig, die Studierenden und Promovierenden anzuregen, ihren Blick über die eigenen Fachgrenzen hinaus zu erweitern. Wer sich nur an den eng gesteckten Grenzen seines oder ihres Fachs bewegt, wird andere Fragen stellen und auch andere Ergebnisse präsentieren als jemand, der in verschiedenen Disziplinen unterwegs ist oder zumindest unterschiedliche Perspektiven innerhalb eines Fachgebiets im Auge behält. »In diesem Promotionsschwerpunkt soll Schmerz als körperliches Phänomen, aber auch als Phänomen, das die Person betrifft und Leiden verursacht, betrachtet werden. Schmerz als vielschichtiges Phänomen lässt sich nur in der Verschränkung von Psyche und Körper verstehen. Schmerz kann das menschliche Leben durchdringen, ist Grundlage für christliche Religion sowie Impuls für Kunst und Kultur«, erläutert Dr. Almuth Hattenbach, die im Studienwerk den Promotionsschwerpunkt begleitet.

Zum Hintergrund

Bei psychischen und körperlichen Schmerzen suchen die meisten Menschen medizinische Hilfe. Chronischer Schmerz kann aber auch zu Sinnfragen und Selbstzweifeln führen, wodurch eine theologische Perspektive eröffnet wird. An dieser Schnittstelle arbeiten Medizin, Psychologie und evangelische Theologie im Promotionsschwerpunkt »Resilienzfaktoren in der Schmerzverarbeitung« zusammen. Der Promotionsschwerpunkt verfolgt als erstes wichtiges Forschungsziel, durch experimentelle medizinische und psychologische Untersuchungen an Gesunden und Patienten sowie in präklinischen Tiermodellen, neue Erkenntnisse über kognitive und neurobiologische Resilienzfaktoren zu gewinnen, die die Entstehung von Schmerzerkrankungen verhindern können und damit zum Erhalt der Gesundheit beitragen. Das zweite wichtige Forschungsziel dieses Promotionsschwerpunktes ergibt sich aus der Einsicht, dass dieser eben geschilderte naturwissenschaftliche Zugang zwar weit führen kann, aber dem Leiden der Patienten nie ganz gerecht wird. Wenn Schmerz zur nicht mehr weiter therapierbaren Lebensform wird, ergeben sich Sinnfragen, Selbst- und Orientierungszweifel, die eine theologische Perspektive eröffnen. Diese Perspektive soll in praktisch-theologischen sowie systematisch-theologischen Untersuchungen innerhalb der evangelischen Theologie aufgenommen und bearbeitet werden. Der Promotionsschwerpunkt wird daher die Bestimmung von Interaktionen zwischen Resilienz- und Risikofaktoren aus einer sonst kaum realisierbaren interdisziplinären Perspektive erlauben.

Es ist somit auch Intention des Promotionsschwerpunktes, ein produktives Gespräch zwischen naturwissenschaftlich-experimentellen und geisteswissenschaftlich-theologischen Zugängen zu initiieren. So können über die Grenzen der einzelnen beteiligten Fächer hinweg neue Fragestellungen generiert und transdisziplinär bearbeitet werden – mit dem langfristigen Ziel, die multiprofessionelle Behandlung von Patienten und die Prävention von Schmerzchronifizierung in einer zunehmend alternden Gesellschaft, in der Schmerzerkrankungen zunehmen werden.

BU: Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm gab Denkanstöße aus christlicher Perspektive. Foto: Katharina Thoma/Universität Bamberg

Das Evangelische Studienwerk Villigst e.V.

Das Evangelische Studienwerk Villigst ist das Begabtenförderungswerk der evangelischen Kirchen in Deutschland. Wir fördern seit 70 Jahren begabte Studierende aller Fachrichtungen, die bereit sind, in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft Verantwortung zu übernehmen.



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