Spätestens seit Antonovskys Theorie der Salutogenese werden Resilienz- und Risikofaktoren als gleichermaßen wichtig für den Erhalt der Gesundheit anerkannt. Nimmt man Gesundheit (»ease«) und Krankheit (»dis-ease«) als Pole eines Kontinuums an, so verschieben Resilienzfaktoren die Gewichte in Richtung Gesundheit, Risikofaktoren in Richtung Krankheit. Ähnliches gilt auch beim Schmerz. Im Falle des postoperativen Schmerzes ist beispielsweise psychosoziale Resilienz (»protektive Faktoren«) im Sinne einer ausreichenden sozialen Unterstützung ohne übertriebene Fürsorglichkeit für das Verhindern der Chronifizierung von akuten Schmerzen nachgewiesen worden. Insgesamt versteht man unter Resilienz die psychische und physische Widerstandsfähigkeit eines Menschen gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen krankmachenden Belastungen.
Dieser Promotionsschwerpunkt verfolgt als erstes wichtiges Forschungsziel, durch experimentelle medizinische und psychologische Untersuchungen an Gesunden und Patient*innen sowie in präklinischen Tiermodellen, neue Erkenntnisse über kognitive und neurobiologische Resilienzfaktoren zu gewinnen, die die Entstehung von Schmerzerkrankungen verhindern können und damit zum Erhalt der Gesundheit beitragen. Das zweite wichtige Forschungsziel dieses Promotionsschwerpunktes ergibt sich aus der Einsicht, dass dieser eben geschilderte naturwissenschaftliche Zugang zwar weit führen kann, aber dem Leiden der Patienten nie ganz gerecht wird. Wenn Schmerz zur nicht mehr weiter therapierbaren Lebensform wird, ergeben sich Sinnfragen, Selbst- und Orientierungszweifel, die eine theologische Perspektive eröffnen. Diese Perspektive soll in praktisch-theologischen sowie systematisch-theologischen Untersuchungen innerhalb der evangelischen Theologie aufgenommen und bearbeitet werden. Der Promotionsschwerpunkt wird daher die Bestimmung von Interaktionen zwischen Resilienz- und Risikofaktoren aus einer sonst kaum realisierbaren interdisziplinären Perspektive erlauben.
Es ist somit auch Intention des Promotionsschwerpunktes, ein produktives Gespräch zwischen naturwissenschaftlich-experimentellen und geisteswissenschaftlich-theologischen Zugängen zu initiieren. So können über die Grenzen der einzelnen beteiligten Fächer hinweg neue Fragestellungen generiert und transdisziplinär bearbeitet werden – mit dem langfristigen Ziel, die multiprofessionelle Behandlung von Patient*innen und die Prävention von Schmerzchronifizierung in einer zunehmend alternden Gesellschaft, in der Schmerzerkrankungen zunehmen werden.
Der Promotionsschwerpunkt läuft aus und nimmt keine neuen Stipendiat*innen auf.