Sprache und Emotion
Emotionen sind grundlegende Phänomene des menschlichen (Er-)Lebens. Sie beeinflussen nicht nur, wie wir Situationen bewerten und darauf reagieren, sondern prägen auch unsere zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Art und Weise, wie wir Emotionen ausdrücken, ist dabei von zentraler Bedeutung. Neben körperlichen Reaktionen und Mimik spielen stimmliche und sprachliche Mittel eine entscheidende Rolle. Insbesondere Sprache ermöglicht es uns, persönliche Erfahrungen, Gefühle und sonstige innere Zustände mit anderen zu teilen. Dieser Austausch ist für das menschliche Zusammenleben und den intersubjektiven Dialog unverzichtbar.
Das Seminar »Sprache und Emotion« nähert sich diesem Themenbereich aus linguistischer, psycholinguistischer und klinischer Perspektive. Zunächst wird ein umfassender Überblick darüber gegeben, mit welchen sprachlichen Mitteln Emotionen ausgedrückt werden können. Hierzu gehören nicht nur Emotionswörter selbst, sondern auch die emotionale Prosodie, das heißt die affektive Färbung der Stimme. Anhand verschiedener Texte identifizieren die Teilnehmenden diverse sprachliche Formen, die sich auf emotionale Inhalte beziehen oder die Verfassung der Sprechenden anzeigen. Die Teilnehmenden lernen außerdem aktuelle Studien kennen, die sich mit dem Erwerb und der Verarbeitung von Emotionswörtern bei Kindern beschäftigen. Diese liefern spannende Einblicke in die Entwicklung der Fähigkeit, emotionale Inhalte sprachlich zu fassen.
Zudem wird betont, wie eng Sprache und Emotion miteinander verwoben sind. Beispielsweise zeigen empirische Untersuchungen, dass ein differenziertes Emotionsvokabular positiv mit sozio-emotionalen Kompetenzen korreliert. Konstruktivistische Ansätze postulieren, dass sich nuancierte Emotionskonzepte erst in Wechselwirkung mit Sprache herausbilden. Zusammenhänge zwischen Sprache und Emotion kommen besonders dann zum Tragen, wenn die Fähigkeiten in einem dieser Bereiche beeinträchtigt sind. Zum einen können sich Störungen des emotionalen Erlebens im Sprachverhalten niederschlagen. Dazu werden Studien vorgestellt, die untersuchen, zu welchen Besonderheiten es bei verschiedenen Störungsbildern (zum Beispiel Depression, Störungen aus dem autistischen Spektrum) in Bezug auf die Versprachlichung von Emotionen kommt. Zum anderen können sich sprachlich-kommunikative Einschränkungen negativ auf die emotionalen Kompetenzen und die Lebensqualität auswirken. Dazu wird ein Forschungsüberblick über sozio-emotionale Probleme, die Emotionsverarbeitung und den sprachlichen Emotionsausdruck bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen gegeben. Hier schließt sich die Frage an, ob und wie die Fähigkeit, Gefühle feinkörnig sprachlich auszudrücken, effektiv gefördert werden kann.
Die Dozentin vermittelt Grundlagenwissen zu den skizzierten Themen in anschaulichen Impulsvorträgen. Gruppenarbeiten und Kurzpräsentationen der Teilnehmenden bieten die Möglichkeit, das erworbene Wissen aktiv zu vertiefen und eigene Perspektiven einzubringen. Vor allem soll Raum für Diskussionen gegeben werden, in die die Teilnehmenden weitere Themen einbringen können. Das Seminar richtet sich an Studierende aus verschiedenen Disziplinen, die ein tieferes Verständnis für das Wechselspiel zwischen sprachlichen und emotionalen Prozessen erwerben möchten.
Seminarleitung: Prof. Dr. Christina Kauschke
Anmeldestart und Anmeldeschluss: Wird im Intranet bekannt gegeben