Immer noch (keine) Gleichbehandlung in der Medizin?*
Die meisten Erkrankungen weisen Geschlechterunterschiede auf, die sich auf verschiedene Merkmale wie die Inzidenz/Prävalenz, die Symptome, den Krankheitsverlauf sowie auf die Mortalität der Patient*innen beziehen können. Dies gilt besonders für die sogenannten komplexen Erkrankungen, die einen großen Anteil der Krankheitslast in den Ländern der westlichen Welt ausmachen. Dazu gehören zum Beispiel Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Stoffwechsels, Krebs, degenerative Erkrankungen des Nervensystems und psychische Störungen. Komplexe Erkrankungen sind in aller Regel das Ergebnis eines Zusammenspiels von Genetik und Umweltfaktoren.
Das Verständnis der multifaktoriellen Ätiologie dieser sich geschlechterabhängig darstellenden Erkrankungen ist eine Voraussetzung für die Krankheitsprävention, aber auch für Diagnostik und Therapie. Es ist akzeptiertes Wissen, dass einige exogene Faktoren (Noxen), wie Genussmittelabusus, Fehlernährung, Schadstoff-Exposition und Bewegungsmangel geschlechtsspezifisch wirken können. Dies gilt in ähnlichem Ausmaß für genetische Faktoren.
Dieses Seminar behandelt Aspekte des biologischen (Sex) und des soziokulturellen Geschlechts (Gender) als mehrdimensionale Variable in der biomedizinischen Forschung und der klinischen Medizin. Es werden sowohl die Grundlagen der Geschlechterunterschiede als auch die Notwendigkeit ihrer Berücksichtigung anhand von Beispielen verschiedener Disziplinen behandelt. Die DFG fordert Antragstellende seit 2020 verbindlich dazu auf, in ihren Forschungsvorhaben die Relevanz von Geschlechter- und Vielfältigkeitsdimensionen zu reflektieren. Eine solche Perspektive einzunehmen und damit den eigenen Erkenntnishorizont zu erweitern, führt dazu, dass wichtige Fakten zur Ursache von Erkrankungen und Präventions- und Therapiemöglichkeiten nicht übersehen werden.
Die geschlechtersensible Medizin ist zurzeit eine noch junge Querschnittsdisziplin, die bisher noch keinen flächendeckenden Eingang in die Gesundheitsversorgung gefunden hat. Es kann jedoch als sicher angesehen werden, dass in der Zukunft im Rahmen dieses wichtigen Schritts einer personalisierten Medizin alle Geschlechter profitieren werden.
Im Mittelpunkt des Seminars werden Impulsvorträge, Gruppenarbeiten und Kurzpräsentationen der Teilnehmenden und vor allem die Diskussion der skizzierten Themen stehen.
Seminarleitung: Dr. Andrea Kindler-Röhrborn
* Das Seminar war schon für 2024 akquiriert, musste dann aber aufgrund einer Erkrankung der Seminarleitung ausfallen. Es wird daher jetzt nachgeholt.
Anmeldestart und Anmeldeschluss: Wird im Intranet bekannt gegeben