Gedanken zum Monatsspruch

»Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.« (Ps 42,3)

Wie groß kann die Sehnsucht nach Gott sein?

Die Sehnsucht nach Begegnung, nach bedingungsloser Annahme, nach Unterstützung, nach Liebe.

Sehnsucht. Schon das Wort macht im Deutschen klar, dass Sehnen süchtig machen kann.
Süchtig nach – siehe oben.

Psalm 42, aus dem der Vers für unseren Monatsspruch stammt, macht das in beredten Worten klar:
»Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue?“«(2+3)

Und weiter:
»Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er mir hilft mit seinem Angesicht. Mein Gott, betrübt ist meine Seele in mir.« (6+7a)

Sehnsucht will Seelenfutter, Speise für die Seele, Seelennahrung. Auch unsere Seele braucht Zuwendung, Nähe, Fürsorge.

Gott kann sie geben, das weiß der Beter dieses Psalms. Um so schmerzlicher vermisst er die Nähe Gottes, sein Angesicht, seine Hilfe, die seinen Gegnern klarmacht, dass Gott mit ihm ist, er nicht alleine ist. Was aber, wenn er sich nicht zeigt?

»Es ist wie Mord in meinen Gebeinen, wenn mich meine Feinde schmähen und täglich zu mir sagen: Wo ist nun dein Gott?« (11)

Dann bleibt nur die in Erfahrung gründende (Selbst-)Beruhigung:
»Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.« (12)

Sehnsucht können wir nach vielem haben. Nach Heilsein, nach Natur, Schönheit, Romantik, Zärtlichkeit ….

Joseph von Eichendorff fand 1834 diese Worte für Sehnsucht, die ich Ihnen und euch in diesen Sommernächten nicht vorenthalten will:

Es schienen so golden die Sterne,
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leib entbrennte,
Da hab' ich mir heimlich gedacht:
Ach wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!
Zwei junge Gesellen gingen
Vorüber am Bergeshang,
Ich hörte im Wandern sie singen
Die stille Gegend entlang:
Von schwindelnden Felsenschlüften,
Wo die Wälder rauschen so sacht,
Von Quellen, die von den Klüften
Sich stürzen in die Waldesnacht.

Sie sangen von Marmorbildern,
Von Gärten, die über'm Gestein
In dämmernden Lauben verwildern,
Palästen im Mondenschein,
Wo die Mädchen am Fenster lauschen,
Wann der Lauten Klang erwacht,
Und die Brunnen verschlafen rauschen
In der prächtigen Sommernacht. -

Lasst Euch/Lassen Sie sich verzaubern von einer Sommernacht und Gottes Angesicht.

Bleibt/bleiben Sie gesund und Gott befohlen
Euer/Ihr Wolfram Gauhl



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